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Schulrechtspaket 2016: Verbesserungen für das gesamte Bildungssystem?

Der „erste Teil der Bildungsreform“ ist auf dem Weg – die Elementarpädagogik ist prominent vertreten. Wir von der Plattform EduCare wollen diese Art der Prominenz nicht
In der am 7. April zur Begutachtung ausgesandten Gesetzesvorlage zur Umsetzung erster Schritte aus dem Bildungsreformpaket vom 17.11. wird dem Kindergarten ein prominenter Platz eingeräumt:

„Die schulpflichtig gewordenen Kinder sind von ihren Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten zur Schülereinschreibung bei jener Volksschule anzumelden, die sie besuchen sollen. Hiebei sind die Kinder persönlich vorzustellen und allfällige Unterlagen, Erhebungen und Förderergebnisse, die während der Zeit des Kindergartenbesuches zur Dokumentation des Entwicklungsstandes, insbesondere des Sprachstandes erstellt wurden, vorzulegen.“ (Gesetzesentwurf Artikel 9, Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985, §6(1))

Es ist grundsätzlich erfreulich, dass KindergartenpädagogInnen zugetraut wird in der Lage zu sein „Entwicklungen, Stärken, Schwächen, Talente, Interessen und Begabungen“ von einzelnen Kindern zu erkennen und „das Wissen um den Sprachstand eines Kindes sowie um allfällige im letzten Kindergartenjahr getroffene Fördermaßnahmen“ zu haben.

Leider zeigt diese Gesetzesvorlage wieder deutlich, dass im Bildungsministerium niemand aus dem Bereich der Elementarpädagogik für den Kindergartenbereich zuständig ist. Elementarpädagogische ExpertInnen kämen nicht auf die Idee, dass dieses Wissen ausreicht, um den in diesem Gesetzesentwurf vorgesehenen, Informationstransfer zwischen Kindergarten und Schule sicher zu stellen“.

Wie kommen die Eltern zu den geforderten Unterlagen?
Eltern sollen also künftig per Gesetz dazu verpflichtet werden, Unterlagen zur Schuleinschreibung mit zu nehmen, die es zum Teil gar nicht gibt: im Kindergartenwesen gibt es nämlich weder bundesweit gesetzlich verordnete Bildungsziele, noch Kriterien für die Dokumentation.

Die derzeit in manchen Kindergärten eingesetzten elementarpädagogischen Dokumentationsverfahren sind gut geeignet, um in der pädagogischen Arbeit auf die individuelle Entwicklung von Kindern eingehen zu können und mit Erziehungsberechtigten und künftigen LehrerInnen darüber reden zu können. Sie sind nicht dazu geeignet, die von den Eltern bei der Schuleinschreibung geforderten Unterlagen zur Verfügung stellen zu können.

Ganz abgesehen davon gelten in den Kindergärten Landesgesetze und der Bund kann den Ländern hier lediglich Empfehlungen aussprechen. Letztendlich bestimmen jedoch weitestgehend die KindergartenträgerInnen, wie in ihren Kindergärten gearbeitet und dokumentiert wird. Was also tun, wenn Kindergärten die Herausgabe von Unterlagen verweigern oder solche gar nicht haben?

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.
Die gut gemeinte Intention – eine gute Zusammenarbeit zwischen Kindergarten/ Kindergruppe und Schule, um einen für jedes einzelne Kind positiv verlaufenden Übergang vom Kindergarten in die Schule zu erreichen – wird unserer Meinung nach mit diesem Gesetz nicht gelingen.

Jahrelange Forderungen, den Kindergarten in das Bildungswesen einzugliedern, die Ausbildung gleichwertig und zum Teil gleichzeitig mit LehrerInnen anzubieten und die organisatorischen Rahmenbedingungen endlich zu verbessern, finden in dieser Bildungsreform und diesem ersten Gesetzesentwurf keinerlei Beachtung. Im Gegenteil: der Kindergarten ist nach wie vor Ländersache, gehört im Bund zum Familienressort und immer noch werden 14- Jährige zu ElementarpädagogInnen ausgebildet. Die dienst- und besoldungsrechtliche Gleichstellung mit VolksschullehrerInnen ist somit nicht möglich und daher wird es keine – auf Augenhöhe und einem gemeinsamen Bildungsverständnis basierende – gemeinsame Vorgangsweise zur Bewältigung des Überganges vom Kindergarten in die Schule geben.

Mit der bloßen Übergabe von Daten und Dokumenten werden wir besonders jenen Kindern nicht gerecht, die Unterstützung zur Bewältigung dieses Übergangs brauchen: es ist eher zu befürchten, dass wir in die Zeit der „Schülerbeschreibungsbögen“, die in den 70ern erfolgreich abgeschafft wurden, zurückfallen.

Rückschritt statt Fortschritt
Eine Reform, in der ElementarpädagogInnen wiederum mit neuen Aufgaben zugeschüttet werden anstatt endlich jene Ressourcen zur Verfügung gestellt zu bekommen, die für eine qualitätsvolle Arbeit im Kindergarten notwendig wären, ist aus unserer Sicht eher ein Rückschritt.

Offensichtlich ist elementarpädagogische Expertise in dieser Bildungsreform nicht vorgesehen!

 

Kontakt
Mag.a Dr.in Heidemarie Lex-Nalis
Sprecherin der Plattform EduCare
+43 664 4634580
lex-nalis.heidemarie@plattform-educare.org
www.plattform-educare.org

Bezug:  https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/ME/ME_00196/index.shtml

 

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